Wednesday, September 28, 2011

Interview mit Journalist Rauf MIRKADIROV – Preisträger „Freie Presse Osteuropas“ 2009





Wie sind Sie zum Schreiben gekommen: Ausbildung gemacht? wo angefangen und wie dann weiter?

Es gab keine besonderen Gru
̈nde, dass ich mich für eine journalistische Ausbildung entschieden habe. Nach dem Abschluss an der Uni wollte ich eigentlich Wissenschaftler werden, wurde aber nach dem Abschluss einem Verlag zugeteilt. Das war die Zeit der Perestrojka, Anfang des Karabach-Konflikts. Ich war aktiv tätig in verschiedenen Organisationen, die die nationale Idee vertreten haben. In dieser Zeit gab es sehr wenig professionelle Journalisten. Deswegen habe ich angefangen zu schreiben. Allgemein kann man sagen, dass der Hauptgrund, warum ich mit journalistischer Tätigkeit angefangen habe, die politischgesellschaftlichen Ereignisse waren. Ich hatte das Gefühl, dass meine journalistischen Fähigkeiten gefragt wurden.

Was war ein Motiv bzw. Triebfeder, warum Sie u
̈ber Korruption, nicht funktionierende Justiz, Selbstbereichung, mangelnde Transparenz in der Stadtverwaltung, Missmanagement, Karabach-Konflikt etc. berichten?

Als Journalist bin ich analytisch ta
̈tig. Menschenrechte in Aserbaidschan wurden nie beachtet. Die Menschen wurden bzw. werden nie in ihren Rechten geschützt. Es wird mit der Zeit, leider, noch schlimmer. Deswegen war und bin ich der Meinung, dass das Problem mit Karabach und den Menschenrechten eines der wichtigsten ist. Und genau deshalb berichte ich darüber.

Gab es bestimmte Schlu
̈sselerlebnisse oder Ereignisse, die Sie dazu gebracht haben, als Journalist zu arbeiten?

Wie schon gesagt – das waren politischgesellschaftliche Ereignisse.

Hatte jemand aus dem Westen bereits vor der Preiszuerkennung u
̈ber Ihre Arbeit berichtet?

Ich kann diese Frage nicht sicher beantworten. Vielleicht hat jemand geschrieben. Viele westlichen Journalisten haben sich mit  mir getroffen. Ich wurde sogar von Radio Swoboda, BBC interviewt.

Oder hatten Sie selbst schon mal im Westen etwas vero
̈ffentlichen können? Wenn ja, wo?

Das Problem ist, dass ich neben der aserbaidschanisch und russischen Sprache keine weitere Fremdsprache beherrsche. Deswegen kann ich nicht selbst etwas vero
̈ffentlichen, obwohl es bereits zahlreiche Angebote gab. Eine amerikanische Webseite hatte bei mir einige Artikel bestellt und ich habe für sie geschrieben - dies wurde dann auf Russisch und Englisch veröffentlicht. Allerdings haben den Text selbst ins Englische übersetzt. Ansonsten wird auch sehr oft auf meine Artikel verwiesen, besonders auf Artikel, die sich auf den Karabach-Konflikt und Menschenrechte beziehen.

Was geschah nach der Preisverleihung?

Es ist nichts besonderes passiert.

Wurde in Ihrer Zeitung daru
̈ber berichtet?

Meine Zeitung hat daru
̈ber berichtet.

Auch in anderen Zeitungen oder Medien?

Da 95% der Massenmedien in Aserbaidschan unter staatlicher Kontrolle stehen, wurde dieses Ereignis ignoriert.

Wie reagierte die O
̈ffentlichkeit?

Mir gratulierten Freunde, Kollege und die Opposition. Fu
̈r die Öffentlichkeit war das keine große Aufregung.

Und wie reagierte die politische Verwaltung? Und wer genau dort reagierte wie?

Die politische Verwaltung hat das vo
̈llig ignoriert. Jetzt versucht die Staatsgewalt mit einer neuen Taktik solche Ereignisse einfach zu ignorieren, sie bestreit das auch gar nicht.

War es nach der Auszeichnung einfacher, Ihre bisherige journalistische Arbeit weiterzumachen?

Es ist schwierig zu sagen, ob es schwieriger oder leichter wurde. Ich fu
̈hle es nicht. Ich mache meine Arbeit einfach weiter.

Wie wu
̈rden Sie das einschätzen: war die Auszeichnung mit  dem Förderpreis „Freie Presse Osteuropas“ eine Art Schutz? Oder hatte es eher negative Folgen für Sie, die Berichterstattung oder Ihre Zeitung?

Politisch gesehen war und ist diese Auszeichnung eine Art Schutz. Die Staatsgewalt vermeidet jetzt auf solche Menschen wie mich direkt Druck auszuu
̈ben. Die Zeitung wurde noch populärer. Als negative Folge würde ich die Verschlechterung der finanziellen Situation der Zeitung nennen. Da viele Anzeigenkunden durch die staatliche Gewalt beeinflusst werden. Und wenn ihnen „von oben“ gesagt wird, ihre Werbung in unserer Zeitung nicht mehr zu schalten, dann folgen sie dieser „Empfehlung“.

Wenn es negativ war, was genau waren die Gru
̈nde? Oder was genau hatte man Ihnen vorgeworfen?

Wie schon gesagt – einigen unserer Kunden wurde es durch staatliche Gewalt verboten in unserer Zeitung zu werben. Ich vermute mal, kann es aber nicht belegen, dass das aufgrund der Auszeichnung passiert ist. Zudem verloren einige meiner Verwandten ihre Arbeit bei der Polizei. Sie wurden einfach gefeuert.

Wissen Sie, ob im Westen weiter u
̈ber Ihre Arbeit berichtet wurde? Wenn ja, wer hatte darüber berichtet?

Ich weiß es nicht. Ich habe keine Zeit dies zu verfolgen.

Von wem wurden Sie interviewt dazu?

Ich wurde von Journalisten aus der Tu
̈rkei, USA, Deutschland dazu interviewt.

Wurden Sie auf internationale Konferenzen oder Tagungen eingeladen (journalistische, wissenschaftliche; NGO-Treffen usw.)?

Ich wurde oft auf internationale journalistische Konferenzen eingeladen. Vor und nach der Preisverleihung. Nach der Auszeichnung wurde ich zu journalistischen Konferenzen in Wien, Istanbul, Ankara, Deutschland eingeladen.

Wurden Ihnen Stipendien/Gastaufenthalte im Westen angeboten?

Es wurden mir keine Stipendien angeboten, doch Gastaufenthalte in Berlin und Warschau. An der Universita
̈t Warschau habe ich für Studenten, die sich für den Kaukasus interessierten, einen Vortrag gehalten.

Denken Sie, dass so etwas ebenfalls eine Art ‚Schutzfunktion’ dargestellt ha
̈tte? Oder eher das Gegenteil?

Diese Frage habe ich oben schon erla
̈utert.

Wenn Sie als ‚Pra
̈sident’ die Möglichkeit hätten, die Arbeitsbedingungen für die Medien zu verändern: was würden Sie als Erstes machen bzw. als Wichtigstes ansehen, was man verändern müsste?

Ich wu
̈rde zuerst unsere Gesetze ändern, damit wir Journalisten die Möglichkeit haben ohne Probleme zu arbeiten. Ich würde mir wünschen, dass Journalisten freien Zugang zu Informationsquellen hätten. Ich würde versuchen für alle die gleichen Bedingungen für die Gründung der elektronischen Massenmedien zu schaffen. Ich würde versuchen viele und unabhängige Massenmedien zu schaffen.

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